Am 25. September 2023 fand in Berlin der sogenannte Wohnungsbaugipfel statt. Einberufen wurde dieser durch Bundeskanzler Olaf Scholz und seiner Bauministerin Klara Geywitz, nachdem seit Monaten die prekäre Wohnungsbausituation in den Medien angeprangert wird und sich die Lage zuspitzt. Scholz und Geywitz präsentierten im Namen der Ampel-Regierung ein 14-Punkte-Maßnahmenpaket, das nun die entscheidende Wende bringen soll. Wir fassen das Wichtigste zum Wohnungsbaugipfel zusammen.
Inhaltsverzeichnis
Was befeuert die prekäre Wohnungsbausituation?
Die besorgniserregende Wohnungsbausituation in Deutschland basiert auf eine Reihe von Faktoren: Hohe Bauzinsen führen dazu, dass es schwierig und teuer ist, Bauprojekte zu finanzieren. Ebenso leidet die Branche unter hohen Baukosten, gestiegenen Materialkosten und nicht zuletzt unter anhaltenden Lieferkettenschwierigkeiten. Alle vorangegangenen Aspekte befeuern eine anhaltende Insolvenzwelle, da sich viele Bauträger:innen Wohnungsbau-Projekte nicht mehr leisten können. Fehlender Nachwuchs in der Baubranche und die gestiegene Inflation steuern ihr übriges zur angespannten Wohnungsbausituation bei.
Das Massnahmenpaket im Detail
Um der Situation entgegenzusteuern, wurden folgende Schritte im neuen Maßnahmenpaket verankert:
- Aussetzung des Energiestandards für Neubauten: Die ursprünglich geplante Verschärfung des Energieeffizienzstandards EH-40 im Neubaubereich wird ausgesetzt.
- Stärkere Förderung von Familien beim Erwerb von Wohnungseigentum: Die Förderung von Familien, die Wohnungseigentum erwerben möchten, soll durch Anhebung der Kredithöchstbeträge und durch Anhebung der Einkommensgrenze für zinsgünstige Kredit von 60.000 auf 90.000 Euro intensiviert werden.
- Einführung des Wohneigentumsprogramms “Jung kauft Alt”: Mit diesem aus Mitteln des Klima- und Transformationsfonds finanzierten Programms, beabsichtigt die Bundesregierung den Kauf von sanierungsbedürftigen Bestandsgebäuden attraktiver zu machen.
- Umfangreichere Förderung beim Heizungstausch: Um Eigentümern/Eigentümerinnen einen zeitnahen Heizungstausch bis 2026 schmackhafter zu machen, soll die Förderung für den Heizungstausch von bisher 20 Prozent auf 25 Prozent erweitert werden. Ebenso soll dieser Geschwindigkeitsbonus sowohl für Vermieter:innen als auch für Wohnungsunternehmen gelten.
- Beschleunigung und Vereinfachung von Bauverfahren in Städten und Kommunen: In Städten und Kommunen allgemein, aber insbesondere dort, wo der Wohnungsmarkt sehr angespannt ist, soll das Bauverfahren schneller und entbürokratisiert werden.
- Vorantreiben serieller Bauweise: Um den Wohnungsbau effektiv zu beschleunigen, spricht sich Bundeskanzler Scholz für serielles Bauen aus, um einmal genehmigte Bauweisen auch andernorts ohne aufwendige Verfahren umzusetzen.
- Steuervorteile für Bauvorhaben: Bauwilligen werden Steuervorteile durch besondere Abschreibungsregeln – auch AfA genannt – in Aussicht gestellt.
- Mehr Investitionen im sozialen Wohnungsbau: Eine deutliche Ausweitung der Investitionen im sozialen Wohnungsbau wird angestrebt, um Wohnraum bezahlbarer zu machen.
- Flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer: Die Länder erhalten zusätzliche Mittel vom Bund, um mehr Flexibilität bei Bemessung der Grunderwerbsteuer zu ermöglichen und dadurch gezielt den sozialen Wohnungsbau voranzutreiben.
- Absage an Sanierungspflicht auf EU-Ebene: Die Bundesregierung befürwortet weiterhin die Energieeffizienz von Bestandsgebäuden durch deutliche Sanierungsquoten zu verbessern, spricht sich aber gegen die ursprünglich geplante Sanierungspflicht auf EU-Ebene aus.
Reaktionen auf den Wohnungsbaugipfel
Verhaltenes Lob kommt von den verschiedenen Verbänden der Bau- und Wohnungsbrache: Der Zentralverband des Baugewerbes hat das Maßnahmenpaket als Zeichen dafür anerkannt, dass die Bundesregierung “die Tragweite der Situation wohl anerkannt” hat. Auch der Wohnungswirtschaftsverband erwartet durch die Ergebnisse des Wohnungsbaugipfels eine positive Entwicklung beim Wohnungsbau.
Die Kritik hingegen fällt wesentlich deutlicher aus: So bemängeln Umwelt-, Sozial- und Gewerkschaftsverbände, dass zum einen die Maßnahmen keine gerechtere und ökologischere Bau- und Wohnzukunft bewirkten. Zum anderen seien die Maßnahmen nur überschaubare Aufstockungen von bereits bekannten Förderprogrammen und würden einen besseren Mieterschutz sowie dringend notwendige Impulse für den sozialen Wohnungsbau außer Acht lassen.
Fazit
Ob der Wohnungsbaugipfel seine Wirkung entfaltet, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Laut Bauministerin Geywitz soll der Markt durch Förderungen wiederbelebt, durch stabile Konditionen gestärkt und durch neue (Bau-)Wagnisse experimentierfreudiger werden. Bleibt also nur langfristig abzuwarten, ob das Maßnahmenpaket diesen Ansprüchen gerecht wird. Ganz akut stellen die Ergebnisse jedoch nur einen kleinen Trost für die zahllosen Bürger:innen in Deutschland dar, die aktuell auf Wohnungssuche sind oder überlegen ein Haus zu bauen bzw. zu kaufen.
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