In den Monaten Mai und Juni 2022 haben viele Grundbesitzer:innen Post von Ihren zuständigen Finanzämtern bekommen. Darin das Informationsschreiben und die Aufforderung gemäß der Grundsteuerreform ab 1. Juni bis zum 31. Oktober 2022 eine Erklärung für das eigene Grund und Gut abzugeben. Doch welche Unterlagen genau benötigen Sie als Eigentümer:in für die Grundsteuererklärung? Welche Unterschiede gelten für die verschiedenen Bundesländer? Und wie lässt sich für die Grundsteuer die Wohnfläche berechnen? Wir geben Ihnen detaillierte Antworten auf diese essentiellen Fragen.
Inhaltsverzeichnis
Welche Unterlagen und Angaben sind notwendig?
In dem Beitrag “Grundsteuerreform leicht erklärt” haben wir Ihnen vorgestellt, welches Modell die einzelnen Bundesländer verfolgen. Das bedeutet jedoch auch, dass jedes Bundesland andere Anforderungen an die einzureichenden Unterlagen hat. Zunächst werden Eigentümer:innen grundsätzlich um folgende Angaben vom Finanzamt gebeten:
- Aktenzeichen bzw. Steuernummer
- Eigentumsverhältnisse
- Lage des Grundstücks
- Angaben zu Grund und Boden
- Wohn- und Nutzflächenberechnung
Um diese Angaben zusammenzutragen, ist etwas Fleißarbeit und Zeit nötig, um alles herauszusuchen. Entnehmen Sie der folgenden Tabelle, in welchen Dokumenten Sie die Angaben finden können und/oder woher Sie die (fehlenden) Dokumente bekommen:
Notwendige Unterlagen | In folgenden Dokument zu finden: | Woher erhalte ich das Dokument? | |||
Aktenzeichen bzw. Steuernummer | Informationsschreiben bzw. Einheitswertbescheid | Finanzamt | |||
Eigentumsverhältnisse | Grundbuchauszug | Grundbuchamt | |||
Lage des Grundstücks | Einheitswertbescheid | Finanzamt bzw. Grundbuchamt | |||
Angaben zu Grund und Boden | Aktueller Grundbuchaus- zug mit Information zu Gemarkung, Flur und Flurstück | Grundbuchamt, Google-Suchbegriffe “Grundsteuer-Viewer” und Ihr Bundesland | |||
Wohn- und Nutzflächen- berechnung | Bauunterlagen | Kauf- oder Mietverträge, Teilungserklärung oder Wohnflächenberechnung | |||
Wegen Abweichungen vom Bundesmodell bei der Grundsteuerreform sind in unterschiedlichen Bundesländern noch weitere Angaben erforderlich, die in folgender Tabelle aufgelistet sind:
Bundesland | Zusätzliche Angaben |
Baden-Württemberg (BW) | Statt für die Grundsteuer die Wohnfläche zu berechnen, wird hier der Bodenrichtwert angefordert (zu finden unter Boris-BW). |
Bayern (BY) | Alle oben genannten Angaben, wobei die Angaben zu Grund und Boden unter BayernAtlas zu finden sind. |
Berlin (BE) | Zusätzlich Angaben zum Baujahr und Anzahl der Garagenplätze (zu finden in den Bauunterlagen) und dem Bodenrichtwert (zu finden unter Boris-Berlin). |
Brandenburg (BB) | Zusätzlich Angaben zum Baujahr und Anzahl der Garagenplätze (zu finden in den Bauunterlagen) und dem Bodenrichtwert (zu finden unter Informationsportal Grundstücksdaten BB). |
Hamburg (HH) | Keine zusätzlichen Angaben notwendig. |
Hessen (HE) | Keine zusätzlichen Angaben notwendig. |
Mecklenburg-Vorpommern (MV) | Zusätzlich Angaben zum Baujahr und Anzahl der Garagenplätze (zu finden in den Bauunterlagen) und dem Bodenrichtwert (zu finden unter Grundsteuerdaten M-V). |
Niedersachsen (NI) | Alle oben genannten Angaben, wobei die Angaben zu Grund und Boden unter Grundsteuer-Viewer finden. |
Nordrhein-Westfalen (NRW) | Zusätzlich Angaben zum Baujahr und Anzahl der Garagenplätze (zu finden in den Bauunterlagen) und dem Bodenrichtwert (zu finden unter Grundsteuerportal NRW) |
Rheinland-Pfalz (RP) | Alle oben genannten Angaben, wobei die Angaben zu Grund und Boden unter Boris Rheinland-Pfalz finden. |
Saarland (SL) | Zusätzlich Angaben zum Baujahr (zu finden in den Bauunterlagen) und dem Bodenrichtwert (zu finden unter Geoportal Saarland). |
Sachsen (SN) | Zusätzlich Angaben zum Baujahr und Anzahl der Garagenplätze (zu finden in den Bauunterlagen) und dem Bodenrichtwert (zu finden unter Grundsteuerportal Sachsen). |
Sachsen-Anhalt (SA) | Zusätzlich Angaben zum Baujahr und Anzahl der Garagenplätze (zu finden in den Bauunterlagen) und dem Bodenrichtwert (zu finden unter Grundsteuer-Viewer Sachsen-Anhalt). |
Schleswig-Holstein (SH) | Zusätzlich Angaben zum Baujahr und Anzahl der Garagenplätze (zu finden in den Bauunterlagen) und dem Bodenrichtwert (zu finden unter Grundsteuerportal Schleswig-Holstein). |
Thüringen (TH) | Zusätzlich Angaben zum Baujahr und Anzahl der Garagenplätze (zu finden in den Bauunterlagen) und dem Bodenrichtwert (zu finden unter Grundsteuer-Viewer Thüringen). |

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Schrittweise für die Grundsteuer die Wohnfläche berechnen?
Sollten Sie keine Wohn- und Nutzflächenberechnung für Ihr Eigentum in Ihren vorhandenen Dokumenten finden, ist das nicht weiter tragisch. Im Internet finden sich zahlreiche Anbieter (wie z.B. Grundriss Butler), die Ihnen weiterhelfen und für die Grundsteuer Ihrer Wohnfläche berechnen können.
Sollten Sie auf eigene Faust für die Grundsteuer die Wohnfläche berechnen wollen, stellen wir Ihnen nachfolgend einen praktischen Fragen-Katalog zur Verfügung, damit Ihnen dieses gelingt:
1: Auswahl der Norm für die Wohn- und Nutzflächenberechnung
Da Sie für die Grundsteuer die Wohnfläche berechnen wollen, sollten Sie von den vier verschiedenen Normen gehört haben, die für die Wohnflächenberechnung gültig sind. In der Praxis erfolgt die Wohnflächenberechnung hauptsächlich über die Wohnflächenverordnung (WoFlV) und etwas seltener über die DIN 277. Zwar haben die DIN 283 und die Zweite Berechnungsverordnung (II. BV) auch noch Gültigkeit, kommen jedoch fast ausschließlich in alten Miet- und Kaufverträgen zur Anwendung.
Da die Normen sich in den Regeln unterscheiden, welche Flächen oder Bauteile als Wohnfläche angerechnet werden und welche nicht, ergeben sich teilweise erhebliche Unterschiede in der Summe der Wohnfläche. Wir empfehlen Ihnen die Wohnflächenverordnung (WoFlV). Sie ist für Eigentümer:innen vorteilhafter, wenn diese für die Grundsteuer die Wohnfläche berechnen sollten.
2: Welche Räume zählen zur Wohnfläche?
Als erstes können Sie die Räume Ihres Objekts in zwei verschiedene Gruppen einordnen – solche Räume, die zur Wohnfläche zählen, und solche, die nicht dazu zählen:
Räume, die zur Wohnfläche zählen | Räume die nicht zur Wohnfläche zählen | |
Schlaf-, Kinder-, Gästezimmer, Küche, Wohn- und Esszimmer, Speisekammer, WC, Badezimmer, Wohn- und Esszimmer, Flure und Dielen sowie beheizte Winter- gärten, Schwimmbäder und ähnliche nach allen Seiten geschlossenen Räumen, Balkone, Loggien, Terrassen, Dachgärten, Saunen | Keller, Abstell- und Kellerräume außer- halb der Wohnung, Waschküche, Trockenräume, nicht ausgebaute Bodenräume, Heizungsräume, Garagen, gewerblich bzw. geschäftlich genutzte Räume |
3: Wieviel der Grundfläche der Räume zählt zur Wohnfläche?
Nun, da Sie wissen, welche Räume zur Wohnfläche zählen, wird je nach Nutzungsart des Raumes die Grundfläche nur anteilig zur Wohnfläche gerechnet.
Anteilige Anrechnung in Prozent | Gültig für die Fläche von | |
100 % | Wohnzimmern, Esszimmern, Schlafzimmern, Kinderzimmern, Arbeitszimmern, Abstellräumen, Badezimmern, Toiletten, Küchen, Speisekammern, Fluren, Dielen, Saunen, Fitnessräumen, beheizten Schwimmbädern und Wintergärten | |
50 % | unbeheizten Wintergärten und Schwimmbädern, ähnliche nach allen Seiten geschlossenen Räumen | |
25 % | Terrassen, Balkonen, Loggien, Dachterrassen | |
0 % | Kellern, Dachböden, Garagen, Heizungsräumen, Waschküchen, gewerblichen Räumen, Abstellräumen außerhalb der Wohnung/des Hauses |
4: Welche Bauteile werden bei der Wohnfläche berücksichtigt?
Es gibt viele verschiedene Bauteile, doch nicht bei allen Bauteilen wird die Fläche, die sie einnehmen, zur Wohnfläche hinzugezählt. Folgende Tabelle zeigt die zwei Bauteil-Gruppen auf:
Bauteile, deren Fläche hinzu zählt | Bauteile, deren Fläche nicht hinzu zählt | |
Tür- und Fensterbekleidungen sowie Tür- und Fensterumrahmungen Fuß-, Sockel- und Schrammleisten, fest eingebaute Gegenstände, wie z.B. Öfen, Heiz- und Klimageräte, Herde, Bade- oder Dusch- wannen freiliegende Installationen Einbau- möbel und nicht ortsgebundene, versetz- bare Raumteiler | Schornsteine, Vormauerungen, Beklei- dungen freistehende Pfeiler und Säulen (bei einer Höhe von mehr als 1,5 Meter und einer Grundfläche von mehr als 0,1 Quadratmeter), Treppen mit über drei Steigungen und deren Treppenabsätze Türnischen, Fenster- und offene Wand- nischen, die nicht bis zum Fußboden herunterreichen und 0,13 Meter oder weniger tief sind |
5: Wie wirkt sich die Raumhöhe auf die Wohnflächenberechnung aus?
Als letztes wird noch die Raumhöhe in Augenschein genommen, denn diese entscheidet darüber, ob und wieviel der Grundfläche zur Wohnfläche hinzugezählt wird. Dies ist beispielsweise bei Räumen in Dachgeschossen mit Dachschrägen relevant.
Anteilige Anrechnung in Prozent | Gültig für folgende Raumhöhe | |
100 % | Flächen mit mindestens zwei Meter Raumhöhe oder höher | |
50 % | Flächen, deren Raumhöhe weniger als zwei Meter, aber mindestens über einem Meter beträgt | |
0 % | Flächen, deren Raumhöhe unter einem Meter beträgt |
Was zählt zur Nutzfläche?
Als Nutzflächen werden die Flächen bezeichnet, die öffentlicher, betrieblicher oder anderweitiger Nutzung unterliegen und nicht zu Wohnzwecken dienen. Beispiele dafür sind Verkaufs- oder Ausstellungsräume, Büro- oder Lagerräume und Produktions- sowie Werkstätten.
Gut zu wissen: laut Norm werden Garagen auch zur Nutzfläche und nicht zur Wohnfläche gezählt. Da es jedoch darum geht, für die Grundsteuer die Wohnfläche zu berechnen, wird hier die Gesamtzahl der auf dem Grundstück vorhandenen Garagen- bzw. Tiefgaragenstellplätze zur Wohnfläche angegeben, wobei Carports oder Stellplätze im Freien nicht berücksichtigt werden.
Besonderheit: Für die Grundsteuer die Wohnfläche nach Bundesmodell berechnen
Für die Bundesländer, die das Bundesmodell anwenden gilt: Bei Wohnungseigentum, bei Ein- und Zweifamilienhäusern wird die Nutzfläche der Wohnfläche angerechnet. Demnach wird in der entsprechenden Zeile des Grundsteuererklärung nur die Summe von Wohn- und Nutzfläche eingetragen. Lediglich bei Grundstücken mit Mietwohnungen ist die separate Angabe von Wohn- und Nutzfläche notwendig.
Fazit
Für die Grundsteuer die Wohnfläche berechnen, ist kein Buch mit sieben Siegeln. Mit dem Fragekatalog und einer übersichtlichen PDF, in der Sie die Werte für Ihre Wohnflächenberechnung eintragen (im Internet zum kostenlosen Download zu finden), schaffen auch Sie diese Hürde.
7 comments
Das war ein wirklich Hilfreicher Artikel, einfach und gut erklärt vielen Dank 😉
Hallo Herr Geibel,
vielen Dank für Ihr positives Feedback! Wir freuen uns, wenn Ihnen der Beitrag weitergeholfen hat!
Beste Grüße und Ahoi aus Hamburg
Nathalie Pfeiffer
Vielen Dank Frau Pfeiffer, endlich mal eine verständliche Aufstellung. Wichtige Erkenntnis: Was in den Bauunterlagen Nutzfläche genannt wird, ist für die Ermittlung der Grundsteuer eben keine Nutzfläche!
Moin Herr Brungs,
vielen Dank für Ihren freundlichen Kommentar!
Schön, dass unser Beitrag Ihnen bei der Wohnflächenberechnung für die Grundsteuer weitergeholfen hat.
Ahoi und beste Grüße aus Hamburg
Nathalie Pfeiffer