Seitdem 3D-Drucker in die heimischen Arbeits- oder Hobbyzimmer Einzug gehalten haben, waren den gedruckten Formen und Modellen nur die Grenzen der maximalen Druckgröße gesetzt. Dies hat sich inzwischen geändert: Der 3D-Druck von ganzen Häusern ist eine der innovativsten Technologien am Bau und ermöglicht es, Ein- oder Mehrfamilienhäuser in kürzester Bauzeit zu drucken. Doch wie funktioniert die 3D-Bauweise? Wie sieht die Bautechnik bei diesem Verfahren aus? Und für wen eignet sich ein Haus im 3D-Druck? Diesen und weiteren Fragen gehen wir auf den Grund.
Inhaltsverzeichnis
Wie funktioniert die 3D-Bauweise?
Für den 3D-Druck eines Hauses ist zunächst eine konventionell hergestellte Bodenplatte notwendig. Wenn diese vorhanden ist, wird um die Bodenplatte herum ein Gerüst montiert, an dem der 3D-Drucker aufgehängt wird und dann jeden Zentimeter der Bodenplatte bearbeiten kann. Bevor der eigentliche Druck beginnt, wurd der gewünschte Grundriss des Hauses im 3D-Drucker programmiert. Anschließend fährt die Druckdüse automatisch die Wände des Grundrisses ab und legt eine Betonmörtellage in den Ausmaßen zwei Zentimeter Dicke und sechs Zentimeter Breite ab. Dieser Vorgang wiederholt sich so oft, bis die notwendige Wandhöhe erreicht wird. Bereits erstellte 3D-Druck-Einfamilienhäuser wurden im Rohbau so innerhalb von 48 Stunden erstellt, da die Druckdüse einen Quadratmeter Hohlwand (siehe weiter unten Wandaufbau) innerhalb von fünf Minuten schafft.
Die weiteren Bauteile, wie Geschossdecken und das Dach sowie0 der Ausbau mit Türen, Fenster, Fußböden, Wandputz, Heizung und Elektrik werden weiterhin traditionell montiert und ausgeführt.
Beim 3D-Druck an sich wird in zwei Varianten unterschieden:
- 3D-Druck mit einer Achse
- 3D-Druck mit zwei Achsen
3D-Druck mit einer Achse
In dieser Variante bewegt sich die Druckdüse in Kreisen und um seine eigene Achse herum. Damit werden solche Häuser meist kreisförmig, zumal die Betonmörtelschichten entweder radial oder in geraden Linien von der Achse weg verlaufen.
3D-Druck mit zwei Achsen
Bei der Variante mit zwei Achsen sind sämtlich Wandverläufe möglich, da hier die Druckdüse in jede erdenkliche Richtung laufen kann. Dies setzt jedoch voraus, dass die zwei Achsen, auf denen die Druckdüse aufgehängt ist, aufwendig auf dem Baugrund ausgerichtet und aufgebaut werden muss.
Bauart
Die 3D-Bauweise kann entweder direkt auf dem Baugrund erfolgen, nachdem die 3D-Druckmaschine und das dazugehörige Gerüst dort installiert wurde. Allerdings gibt es ebenso Anbieter, die 3D-Bauteile in Werkhallen vorfertigen und diese anschließend wie ein Puzzle auf der Baustelle zu einem Haus zusammenfügen. Damit ist diese Bauart mit der des “normalen” Fertighausbaus vergleichbar.
Darüber hinaus gibt es kaum Unterschiede zum konventionellen Hausbau, denn wenn der/die Bauherr:in die typische Schichtenoptik, die beim Druck der einzelnen Betonmörtellagen entsteht, nicht gefällt, kann die Wand problemlos verputzt oder verkleidet werden. Auch die Variante mit dem zweiachsigen 3D-Druck eröffnet die Möglichkeit, ohne die sonst resultierenden Abrundungen an den Hausecken zu arbeiten. So ist es im Nachhinein mit dem angesprochenen Putz oder der Verkleidung kaum erkennbar, dass es sich um ein Haus im 3D-Druck handelt.
Die bautechnischen Details
Wandaufbau & Wärmedämmung
Der Wandaufbau entspricht i.d.R. einem zwei- oder mehrschaligen Prinzip. Damit sind mindestens zwei parallel verlaufende Wände gemeint, die von einem Hohlraum getrennt werden. Dieser Hohlraum wird für das Dämmmaterial benutzt, welches je nach Wahl des Dämmstoffes entweder eingeblasen, eingeschüttet oder eingedrückt werden kann. Der zwei- bzw. mehrschalige Wandaufbau mitsamt einer fachgerechten Dämmschicht erreicht eine hochwertige Wärmedämmleistung für das Haus und kann locker die gehobene Energiestandards von Energieeffizienzhäusern einhalten.
Haustechnik: Heizung- und Stromleitung
Wie bereits angedeutet, wird die Haustechnik nicht vom 3D-Drucker hergestellt. Der Unterschied zum konventionellen Bau eines Hauses besteht jedoch darin, dass die Wandaussparungen (auch Wandschlitze genannt), in die die Leitungen verlegt werden, beim programmierten 3D-Druck bereits berücksichtigt werden. Dies hat zur Folge, dass eine sehr präzise Planung vorausgesetzt wird, zumal nachträgliche Veränderungen kaum möglich sind.
Nachhaltigkeit
Das Hauptbaumaterial, mit dem beim 3D-Druck gearbeitet wird, ist Beton. Es ist hinreichend bekannt, dass die CO2-Bilanz des Bestandteils Zement im Beton schlecht ist. Jedoch kann ein 3D-Drucker (bislang) ohne Betonmörtel kein Haus erstellen. Dem gegenüber steht jedoch die Materialeinsparung, da die Betonmörtel-Mengen durch die vorab Programmierung des Objektes sehr exakt dosiert werden., Des Weiteren ist die Branche aktuell dabei, an der Zusammensetzung des Betonmörtels zu forschen, um den Zementgehalt zu reduzieren oder womöglich sogar ganz auf Recyclingmaterial als Baustoff für den Druck umzusteigen. Grundsätzlich kann der Betonmörtel nach dem Abbau beispielsweise als Füllmaterial im Straßenbau eingesetzt werden.
Wie hoch sind die Kosten für ein 3D-Druck-Haus?
Beim 3D-Druck für Häuser handelt es sich noch um eine sehr neue Technik, die dementsprechend – zumindest in Deutschland – auch noch etwas teurer ist als die konventionelle Bauweise. Außerdem etabliert sich die Technik auch erst nach und nach, weswegen die Zahl der Anbieter noch recht überschaubar ist. Bereits operierende 3D-Druck Bauunternehmen beziffern die Preisdifferenz gegenüber herkömmlichen Bauweisen sehr unterschiedlich: Die einen schätzen einen Aufschlag zwischen 10 bis 15 Prozent. Die anderen sehen ein Einsparungspotential von 60 Prozent. Demnach lohnt es sich, vorab Kostenvoranschläge einzuholen und selber zu vergleichen. Hinzu kommt aktuell eine rasante Entwicklung in diesem Bereich, weswegen mittelfristig in vier bis fünf Jahren der 3D-Hausdruck von (noch) deutlich kostengünstigeren Herstellungspreisen ausgegangen wird.
Bestehende Häuser im 3D-Druck & Anbieter
Nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit sind bislang unterschiedliche Projekte im 3D-Druck umgesetzt worden. Hier eine Auswahl:
In Deutschland
Das erste Haus im 3D-Druck auf deutschem Baugrund überhaupt ist im westfälischen Beckum entstanden. Das Architekturbüro Mense-Korte startete das Pilot-Projekt des Energieeffizienzhaus 55 im Sommer 2021, um das 160-Quadratmeter-Haus zu Präsentations- und Forschungszwecken zu nutzen. Die reine Druckzeit für das zweigeschossige Objekt mit je drei Schlaf- und Badezimmern sowie offenen Wohnraum mit Küche und Essbereich betrug lediglich vier Tage.
Ein weiterer Pionier auf diesem Gebiet ist die Firma Rupp Gebäudedruck, die das erste und größte Mehrfamilienhaus Europas im 3D-Druck gebaut hat mit Standort in Weißenhorn-Wallenhausen, südlich von Günzburg bei Ulm. Von den fünf Wohnungen, die in dem Mehrfamilienhaus entstanden sind, sind vier vermietet und eine dient als Musterwohnung für Besichtigungen.
In Europa
Das erste Haus im 3D-Druck in Europa entstand in einer Kooperation zwischen der Technischen Universität Eindhoven und mehreren niederländischen Baufirmen. Beim entsprechenden Projekt Milestone handelt es sich um eines von fünf geplanten 3D-Druck-Häusern. Das bereits vorhandene und vermietete Haus bietet trotz der ungewöhnlichen Silhouette in Form eines Findlings mit seinen 94 Quadratmetern Wohnfläche viel Raum zum Entfalten. Hergestellt wurden sämtliche Bauteile in der Werkhalle, um dann auf dem Baugrund zusammengesetzt zu werden.
In Italien hat sich die Firma WASP auf den 3D-Druck von Häusern mit ökologischen Rohstoffen spezialisiert. Seit 2018 stellt das Unternehmen Modellhäuser aus rein natürlichen Rohstoffen her und nutzt eine Mischung aus Rohboden, Kalk sowie Stroh- und Pflanzenfasern für die tragende Konstruktion. Anfang 2021 startete die Firma mit TECLA den Bau eines 3D-Druck-Hauses aus vollständig kompostierbaren Natur-Rohstoffen.
Bild rechts: Fertiges Projekt TECLA der italienischen Firma WASP. Bilder: Copyright WASP
Weltweit
Einen sehr sozialen Ansatz beim Bau von 3D-Druck Häusern verfolgt die texanische Baufirma ICON, die bereits einige Referenzen in den USA und in Mexiko vorweisen kann. Das Unternehmen entwickelt in Zusammenarbeit mit einer gemeinnützigen Organisation ganze 3D-gedruckte Siedlungen, die einkommensschwachen Familien bezahlbaren Wohnraum und Obdachlosen Unterkünfte ermöglichen sollen.
Bild links: Copyright Philip Cheung für ICON Bild rechts: Copyright Reagan Morgan für ICON
Bild: Copyright ICON
Das Start-up AI Spacefactory aus New York in den USA zählt sogar die NASA zu ihren Kunden im Bereich 3D-Druck. Im Rahmen eines Wettbewerbs suchte die NASA Lösungen für den Bau bewohnbarer Lebensräume im Weltraum. Dabei konnte AI Spacefactory mit dem Design und dem Material ihres 3D-Druck Hauses TERA die Behörde überzeugen. Die Außenhülle der TERA Modelle besteht aus einem eigens entwickelten Bio-Kunststoff, der aus natürlichen lokalen Ressourcen hergestellt werden kann.
Der 3D-Druck in der Baubranche ist eine vielversprechende Technologie, insbesondere wenn es gelingt, nachhaltige und ökologische Baustoffe für dieses Verfahren zu entwickeln. Für einen tiefergehenden Einblick in dieses Thema empfehlen wir eine anschauliche Dokumentation mit dem Titel “Häuser aus dem Drucker – Revolution auf unseren Baustellen?” in der Reihe planet e. des Senders ZDF.
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