Begrünte Dächer - mehr als nur eine natürliche Klimaanlage

Begrünte Dächer – mehr als nur eine natürliche Klimaanlage

Es grünt und blüht nicht nur auf dem Land, sondern selbstverständlich auch in Städten – und das immer mehr. Dabei zählen begrünte Dächer neben Urban Gardening und Urban Farming zu den aktuellen Trends, wenn es um die Umsetzung von nachhaltigen Projekten vor allem in urbanen Regionen geht. Sogenannte „grüne Dächer“ sind wahre Tausendsassa, denn sie tragen zur grundsätzlichen Verbesserung des Klimas bei. Sie speichern beispielsweise Regenwasser, produzieren Sauerstoff und filtern verschmutzte Luft.

Wer hat begrünte Dächer „erfunden“?

Begrünte Dächer gibt es seit Jahrhunderten in vielen Regionen der Welt. Dabei zählen die Grassodendächer in Norwegen oder auf Island sicherlich zu den bekanntesten ihrer Art. Abgesehen davon, dass sie ganz wunderbar in die raue Natur Norwegens passen, sorgen sie für die richtige Temperatur im Haus – im Sommer ist es angenehm kühl und im Winter schön warm. Ihren Ursprung haben sie in den Wohngruben mit Grassodenabdeckungen, die sich Mammutjäger vor zehntausenden von Jahren bauten. Die Wohngruben waren etwa zwei Meter tief und wurden mit Grassoden abgedeckt, wobei die Luftpolster im Gras wärmten, als sei es ein dickes Bärenfell. Eine bewährte Methode der Bedachung, die sich insbesondere in Skandinavien bis heute gehalten hat.

Entwicklung begrünter Dächer in Deutschland

In den 1970er Jahren wurde in Deutschland begonnen, mit Dachbegrünung zu experimentieren. Waren es anfangs ausschließlich Umweltschützer, die sich an begrünten Dächern ausprobierten, wissen in den 2000er Jahren auch Stadtplaner:innen, Architekten/Architektinnen und andere Fachleute um die großen Vorteile. So besteht beispielsweise die einhellige Meinung, dass der Natur bis zu zwei Drittel aller versiegelten Flächen in urbanen Regionen zurückgegeben werden könnten, würden in deutschen Städten alle Dächer nachträglich bepflanzt.

Blick über Stuttgarts Dächer. Die Landeshauptstadt führt die BuGG-Gründach-Bundesliga an I Foto: Bundesverband
Blick über Stuttgarts Dächer. Die Landeshauptstadt führt die BuGG-Gründach-Bundesliga an I Foto: Bundesverband GebäudeGrün

Der Bundesverband GebäudeGrün e. V. (BuGG) hat in seinem Marktreport GebäudeGrün von 2021 eine Reihe von interessanten Zahlen und Fakten zusammengetragen, von denen wir Ihnen nachfolgend einen Auszug vorstellen:

  • 2020 wurden in Deutschland 7,8 Millionen Quadratmeter Dachfläche neu begrünt.
  • In Deutschland liegt die Summe der über die Jahre hinweg begrünten Dachflächen in einer Größenordnung von etwa 130 Millionen Quadratmeter.
  • Außerdem wurden 2020 rund 55.000 Quadratmeter Fassadenflächen als bodengebundene Fassadenbegrünungen mit Kletterhilfen bzw. als wandgebundene Fassadenbegrünungen ausgebildet worden.
  • Der durchschnittliche Gründach-Index (Quadratmeter Gründach pro Einwohner:in) liegt bundesweit bei 1,3. 
  • 42 bzw. 34 Prozent der Städte mit mehr als 500.000 Einwohner:innen fördern Dach- bzw. Fassadenbegrünungen und geben finanzielle Zuschüsse.
  • 77 Prozent der Städte mit mehr als 500.000 Einwohner:innen fördern indirekt Dachbegrünungen und mindern die Niederschlagsgebühr beim Vorhandensein von begrünten Dächern.

Darauf sollten Sie bei der Dachbegrünung achten

Unabhängig davon, ob Sie beim Neubau eines Einfamilienhauses von Anfang an ein begrüntes Dach planen oder aber im Nachhinein eine Dachbegrünung ins Auge fassen – ohne detaillierte Planung und Berücksichtigung aller möglichen Faktoren geht gar nichts. Wenn Sie nicht gerade vom Fach sind, sollten Sie auf jeden Fall die Expertise eines Architekten/einer Architektin und/oder Fachpersonen aus der Dachdeckerbranche in Anspruch nehmen. So sind bei einem Gründach beispielsweise sowohl Statik und Entwässerung als auch Windsog, Brandschutz sowie An- und Abschlüsse wichtig. Außerdem spielt die Belastbarkeit des Daches – insbesondere, wenn es sich um ein Flachdach handelt – eine wichtige Rolle. Je nach Art der Begrünung kann nämlich ein Gewicht von 25 bis 165 Kilogramm auf jedem Quadratmeter Dachfläche lasten. 

Aufbau von begrünten Dächern

Damit überhaupt Pflanzen auf einem Dach leben und wachsen können, müssen verschiedene Funktionsschichten auf dem Dach angebracht werden:

  1. Wurzelschutzfolie – besteht aus verrottungsfesten Kunststofffasern. Sie verhindert, dass das Dach beschädigt wird.
  2. Dränschicht – besteht aus mineralischen Schüttstoffen wie Bims oder Tonziegel (Schüttgüterdrainage), kann aber auch aus Kunststoffen (Festkörperdrainage) installiert werden. Diese Schicht sorgt dafür, dass überschüssiges Wasser abfließen kann.
  3. Filterschicht – ist in der Regel ein Filtervlies aus Kunststoff. Trennt die darauf folgende Vegetationsschicht von der Drainage und verhindert so das Einschlämmen von Feinanteilen in die Dränschicht.
  4. Vegetationstragschicht – diese Schicht besteht aus einem speziellen Extensivsubstrat und ist je nach geplanter Bepflanzung unterschiedlich stark. Für eine extensive Dachbegrünung (niedriger Bewuchs) ist eine 5 bis 10 Zentimeter dicke Vegetationstragschicht notwendig. Eine intensive Dachbegrünung (höhere Pflanzenbewuchs) benötigt eine 20 bis 35 Zentimeter dicke Schicht aus diesem Substrat.
  5. Pflanzschicht (Vegetationsschicht) – nun kommen die passenden Pflanzenarten zum Einsatz. Sie sollten auf jeden Fall trockenheitsangepasst sein und werden bei extensiv begrünten Dächern durch Vegetationsmatten, Saat, Sedumsprossen oder als Flachballen-Stauden aufgebracht. Eine intensive Dachbegrünung ähnelt einem Garten und besteht aus Rasen, Gehölzen und Stauden.

Extensive und intensive Dachbegrünung – die passenden Pflanzen

Für die extensive Dachbegrünung eignet sich beispielsweise Dachwurz sehr gut
Für die extensive Dachbegrünung eignet sich beispielsweise Dachwurz sehr gut I Foto: Hans/pixabay

Wenn Sie sich für eine extensive Dachbegrünung entscheiden, wählen Sie die pflegeleichtere Variante, die außerdem ein geringeres Gewicht mitbringt. Sie eignet sich besonders gut für leichtere Dachkonstruktionen (beispielsweise bei Garagen). Hier kommen Moose und verschiedene Sukkulenten-Arten, wie Dachwurz, Mauerpfeffer oder Krustensteinbrech, zum Einsatz. Sie sind anspruchslos und vertragen auch sehr sonnige Standorte.

Bei einer intensiven Dachbegrünung werden höher wachsende Pflanzen und Gräser gesetzt, die in ihrer Pflege allerdings auch etwas anspruchsvoller sind. Auf solche Art begrünte Dächer müssen in trockenen Sommern auf jeden Fall gegossen werden. Darüber hinaus ist im Herbst meines ein Schnitt fällig. Sie können hier Bergastern, Rittersporn, Margueriten und Fackellilien sowie viele andere Staudenpflanzen ansiedeln. 

Vorteile von begrünten Dächern

Begrünte Dächer sehen nicht nur schön aus, sondern haben auch viele Vorteile:

  • Begrünte Dächer wirken wie eine natürliche Klimaanlage: Im Sommer halten solche Dächer die Hitze ab, und im Winter sind sie eine tolle Wärmedämmung.
  • Schutz vor extremen Witterungseinflüssen: Dadurch dass die Dachkonstruktion selbst vor Hitze, Sturm, Starkregen und Hagel gut geschützt ist, verlängert sich die Lebensdauer des Daches.
  • Durch die Bepflanzung eines Daches kann Feinstaub gebunden würden. Das ist insbesondere in Städten ein wichtiger Faktor.
  • Begrünte Dächer verbessern das Mikro-Klima, da das gespeicherte Wasser nach und nach verdunstet und so zur Kühlung und Luftbefeuchtung beiträgt.
  • Ein nicht unwesentlicher Vorteil ist die Förderung der Artenvielfalt. Durch Dachbegrünung wird neuer Lebensraum für Bienen, Schmetterlinge, Käfer und andere Insekten geschaffen.
  • Dachbegrünungen entlasten darüber hinaus die Kanalisation. Abgesehen davon, dass ein Gründach Regenwasser speichert und es über eine langsame Verdunstung in den natürlichen Wasserkreislauf zurückführt, wird das Wasser bei Starkregen mit Verzögerung abgeleitet. Das wiederum entlastet die Kanalisation.
  • Last, but not least: Eine Dachbegrünung auf einem Flachdach kann als Gartenfläche genutzt werden, was insbesondere Dächer in der Stadt stark aufwertet.

Nachteile einer Dachbegrünung

Auch wenn die Vorteile bei weitem überwiegen – es gibt auch einige Nachteile, die begrünte Dächer mit sich bringen:

  • Es kann die Gefahr bestehen, dass es zu Feuchtigkeitsschäden kommt – insbesondere dann, wenn die Dachabdichtung nicht „wurzelfest“ ist und/oder die Drainage nicht richtig funktioniert. 
  • Im Vergleich zu anderen Dacharten sind begrünte Dächer in der Regel teurer. Dabei ist eine extensive Begrünung günstiger als eine intensive Begrünung.
  • Begrünte Dächer benötigen Pflege – je nach Bepflanzung kann ein solches Dach ebenso viel Zeit in Anspruch nehmen wie ein „normaler“ Garten.

Kosten für begrünte Dächer

Begrünte Dächer gibt es in vielen Varianten
Begrünte Dächer gibt es in vielen Varianten I Foto: weareaway/Pixabay

Es gibt inzwischen bei vielen Fachfirmen Komplettangebote für begrünte Dächer. Für eine intensive Dachbegrünung sollten Sie mit Kosten zwischen 50 und 100 Euro pro Quadratmeter rechnen. Bei einer extensiven Begrünung fallen in der Regel zwischen 30 und 50 Euro pro Quadratmeter an. Holen Sie am besten mehrere Angebote ein, verschaffen Sie sich einen persönlichen Eindruck von den Fachunternehmen und entscheiden Sie dann ganz in Ruhe, welches das passende Angebot für Ihre Bedürfnisse ist.

Sie sehen also, es gibt jede Menge Vorarbeit zu leisten, bevor es auf Ihrem Dach grünt und blüht. Selbst wenn Sie ein versierter Heimwerker/eine versierte Heimwerkerin sind, ist es ratsam, ein solches Projekt nicht und fachliche Unterstützung anzugehen. Wie erwähnt, kann ein kleiner Fehler in der Dichtung oder Drainage für viel Ärger und zusätzliche Kosten sorgen. Aber was für ein Gefühl wird es erst sein, wenn Sie sich Ihre persönliche Dach-Oase mit einer tollen Dachbegrünung geschaffen haben …

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