Roots – hoch hinaus bauen mit Holz

Ein ökologisches Hochhaus aus nachwachsendem Holz – ist das umsetzbar? Ja! Genau ein solches 65 Meter hohes Hybridhochhaus namens Roots entsteht seit dem ersten Spatenstich am 27. November 2020 in der Hamburger Hafencity. Durch das überwiegend genutzte und für Hochhäuser doch recht unübliche Baumaterial Holz reiht es sich in die Liste der ungewöhnlichen und architektonisch anspruchsvollen Objekte ein, die bereits in der Hafencity gebaut wurden, sich gerade in der Bauphase befinden oder in Planung sind.  

In diesem für Deutschland einmaligem Gebäude sollen laut den Bauherren Garbe Immobilien-Projekte GmbH und Deutsche Wildtier Stiftung neben Eigentumswohnungen auch öffentlich geförderte Wohnungen entstehen sowie Ausstellungsräume, Büros und Verwaltungsräume. Doch wie genau wurde das Roots konzipiert? Vor welchen Herausforderungen standen die verantwortlichen Planer:innen und Architekten/Architektinnen? Diesen und weiteren Fragen sind wir nachgegangen. 

Das Hybridhochhaus bei Nacht – Außenvisualisierung des Holzhochhauses.
Bilder: Copyright Immobilien-Projekte/Störmer Murphy and Partners 

Bauweise des Hybridhochhauses

Nie zuvor wurde in Deutschland eine Holzhybridbauweise für ein 19-stöckiges Gebäude wie bei dem im Bau befindlichen Roots angewendet. Vom Fundament aus betrachtet, bestehen zunächst das Unter- und das Erdgeschoss sowie der Erschließungskern des Hybridhochhauses aus einem Stahlbetonskelett. Dieser Kern sorgt für die notwendige Stabilität des ansonsten flexiblen Baustoffes Holz. Außerdem unterstützt es die Steifigkeit der Konstruktion und begrenzt die Schwingung des Gebäudes. 

Die tragenden Elemente der darauffolgenden Geschosse sind komplett aus Holz. Das primäre Tragwerk dieser Stockwerke, bestehend aus einem hoch lastenabtragenden Innenwandring, ist einer der Grundpfeiler des Statik-Konzepts. Zusätzlich dienen die massiven Außenwände aus Massivholzskelett sowie Stützen und Balken in Brettschichtholz als weiterer Pfeiler. An der Außenwand ist eine Fassade aus horizontalen Holzelementen angebracht. Zusammen mit den Massivholzdecken zwischen den Geschossen bilden alle drei Bauelemente die statische Grundlage des prestigeträchtigen Roots, dessen technische Umsetzung von den Hamburger Architekten Störmer Murphy and Partners GbR verantwortet wird. 

Die weiteren bautechnischen Details sehen vor, dass die nichtragenden Innenwände im konventionellen Trockenbau erstellt werden. Der Brand- und Schallschutz für den weiteren Deckenaufbau erfolgt durch leichten Estrichaufbau und abgehängte Decken. Die Elemente des Innenausbaus, wie beispielsweise Bodenbeläge, Armaturen, Badeinrichtung und Türblätter, werden anhand eines Katalogs aus hochwertigen Materialien ausgewählt, wodurch jede Wohnung einen individuellen Charakter erhält.   

Der Holzturm verfügt darüber hinaus über umlaufende Loggien. An der Außenseite dieser Loggien ist die zweite Fassade aus Glaselementen befestigt, welche auch als konstruktiver Holzschutz gegen UV-Strahlen und Feuchte dient und dem Brandschutz dienlich ist. Doch anders als vielleicht vermutet, verfügt das Baumaterial Holz über sehr gute Eigenschaften in Hinblick auf Brandgefahr. Laut Garbe-Geschäftsführer Fabian Köppen “verkohlt (Holz) und schützt sich dadurch selbst. Der Kern, der nicht verkohlte Kern, behält seine Tragkraft. Das können Stahl und Beton nicht.” 

An dem Hybridhochhaus mit einem fünfeckigen Grundriss ist ein L-förmiges Gebäude angeschlossen, das ebenfalls Wohneinheiten beherbergt, jedoch deutlich weniger Geschosse als der zentrale Holzturm aufweist. Insgesamt verfügt das Bauprojekt Roots über eine Bruttogeschossfläche von 36.000 Quadratmeter und 181 Wohneinheiten – 128 Eigentumswohnungen und 53 öffentlich geförderte Wohnungen. 

Herausforderungen des Bauprojekts

Alleine das Volumen von 5.000 Kubikmeter Holz, die es zu verbauen gilt, ist eine beeindruckende Zahl. Aber auch erhebliche Zweifel an der Umsetzbarkeit des Roots waren die Gründe dafür, dass drei deutsche Holzbaufirmen während der Projektphase abgesprungen sind. Letztlich wurde in der Tiroler Rubner Holzbau GmbH ein Partner gefunden, der aufgrund seiner langjährigen Spezialisierung im Bereich des Ingenieurholzbaus die geeignete Holzbaufirma für das Roots ist. 

Der Preis für Holz war ein weiterer herausfordernder Aspekt des Bauprojektes. Grundsätzlich ist Holzbau um bis zu 12 Prozent teurer als konventioneller Betonbau. Hinzu kam im Jahr 2021 ein zusätzlicher Preisanstieg durch die Materialknappheit sowie Lieferengpässe und damit einhergehend Verzögerungen bei der Anlieferung. Und dennoch – die meisten Wohnungen sind bereits verkauft, obwohl der Quadratmeter zwischen 9.000 und 14.000 Euro kostet. 

Fakten und Nachhaltigkeit

Die Fertigstellung ist für das erste Quartal 2024 vorgesehen. Doch bereits jetzt wird klar, dass das Roots neue Maßstäbe setzt, wenn folgende Fakten betrachtet und in Bezug zu konventionellen Bauprojekten gesetzt werden:  

  • Die 5.000 Kubikmeter benötigtes Holz – davon circa 4.200 Kubikmeter Brettsperrholz und 800 Kubikmeter Sonderholz – wachsen innerhalb von 23 Minuten in Deutschland nach. 
  • Die 5.000 Kubikmeter Holz sparen im Vergleich zum Nutzungszyklus klassischer Baustoffe schätzungsweise 26.000 Tonnen Kohlenstoffdioxid ein.  
  • Auch der hohe Vorfertigungsgrad der Holzbauelemente trägt laut Rubner Holzbau dazu bei, dass die Bauzeit vor Ort deutlich verkürzt und die Lärmemissionen durch Baulärm beträchtlich reduziert werden.  

Insgesamt also viele Punkte, die die Nachhaltigkeit des Roots unterstreichen. 

Ausblick

Obwohl von den rund 140 Millionen Euro Gesamtinvestitionsvolumen sechs Millionen Euro alleine in die Grundlagenforschung des Roots flossen, sind Objekte wie dieses der Beweis dafür, dass auch urbane Großprojekte aus überwiegend nachwachsendem Nadelholz realisiert werden können und dabei durchaus den modernen Wohnansprüchen von Großstädtern entsprechen und vielleicht sogar übertreffen.  

Neben Gastronomie- und Büroflache für die Deutsche Wildtier Stiftung ist, wie Eigangs erwähnt, auch Ausstellungsfläche für dieselbige im Roots geplant. Diese Ausstellung wird den Naturschutz und Wildtiere thematisieren. Dadurch soll das Verständnis der Menschen für Artenvielfalt und Umweltschutz weiter geschärft werden, der sich auch in der Bauweise des Holzhochhauses widerspiegelt. So wird die einzigartige Hybridbauweise des Roots langfristig in der Hamburger Hafencity sicherlich Wurzeln schlagen. 


Wir bedanken uns herzlichst bei der Agentur BEiL² – Die PR-Strategen GmbH für die bereitgestellte Information und das Bildmaterial zum Roots.

NPF

Nathalie Pfeiffer ist Bautischlerin und Bauingenieurin. Nach über 18 Jahren Arbeitserfahrung in diesen Berufen hat sie Hammer und Bauhelm gegen die Tastatur eingetauscht, um als Fachjournalistin über architektonische, bautechnische und handwerkliche Themen zu schreiben. 

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