Nachdem sämtliche Eigentümer:innen von Immobilien in Deutschland wegen der Grundsteuerreform aufgefordert wurden, eine Grundsteuererklärung abzugeben, haben viele Immobilienbesitzer:innen in den letzten Wochen und Monaten einen entsprechenden Grundsteuerbescheid erhalten. Doch nicht nur aufgrund der öffentlich geführten Debatte zur Grundsteuerreform, sondern auch aufgrund teilweise drastischer Erhöhungen der Grundsteuerbeträge sind viele Haus- und Grundbesitzer:innen verunsichert. In diesem Beitrag klären wir alles Wesentliche zum Grundsteuerbescheid, listen die Punkte auf, die Sie in Ihrem Grundsteuerbescheid überprüfen können, und erläutern, wann ein Einspruch sinnvoll ist.
Inhaltsverzeichnis

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Bescheide vom Finanzamt verstehen
Zunächst ist es hilfreich, die verschiedenen Unterlagen zu verstehen, die vom Finanzamt verschickt wurden und die Ihnen vorliegen sollten. Je nachdem, in welchem Bundesland sich eine Immobilie befindet, haben Sie als Eigentümer:in bis zu drei Bescheide hinsichtlich der Grundsteuer erhalten. Dazu gehören der Bescheid über den Grundsteuerwert bzw. der Bescheid über den Grundsteueräquivalenzbetrag, der Bescheid über den Grundsteuermessbetrag und letztlich der eigentliche Grundsteuerbescheid mit Zahlungsaufforderung.
Welche dieser Bescheide vorliegen, steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Bundesland, in dem die Immobilie liegt. Die folgende Auflistung zeigt Ihnen übersichtlich auf, welche Bescheide in den unterschiedlichen Bundesländern im Briefkasten gewesen sein sollten:
Die Bundesländer Schleswig-Holstein, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland verschicken folgende Unterlagen:
- Bescheid über den Grundsteuerwert
- Bescheid über den Grundsteuermessbetrag
- Grundsteuerbescheid mit Zahlungsaufforderung
Die Bundesländer Hamburg, Niedersachsen und Bayern verschicken diese Unterlagen:
- Bescheid über den Grundsteuerwert
- Bescheid über den Grundsteueräquivalenzbetrag
- Grundsteuerbescheid mit Zahlungsaufforderung
Im Bundesland Hessen erhalten Eigentümer:innen ausschließlich diese beiden Unterlagen:
- Bescheid über den Grundsteuerwert
- Grundsteuerbescheid mit Zahlungsaufforderung
Und das hat es mit den Bescheiden im Detail auf sich:
Bescheid über den Grundsteuerwert
Mit diesem Bescheid wird festgelegt, welchen Wert das Grundstück hat, auf dem die Immobilie steht. Den Wert hat das zuständige Finanzamt in einem gesetzlich geregelten, standardisierten Verfahren auf Grundlage der von Ihnen eingereichten Angaben aus Ihrer Grundsteuererklärung ermittelt und bezieht sich auf einen spezifischen Stichtag. Und genau dieser Grundsteuerwert dient als Bemessungsgrundlage für den Grundsteuermessbetrag und letztlich die Höhe der zu zahlenden Grundsteuer.
Bescheid über den Grundsteuermessbetrag
Der sogenannte Grundsteuermessbetrag ergibt sich aus der Multiplikation vom bereits angesprochenen Grundsteuerwert mit der gesetzlich vorgeschriebenen Steuermesszahl. Es handelt sich um eine Zahl in Euro, die in dem Bescheid mitgeteilt wird, jedoch entsteht durch den Erhalt dieses Bescheids keine automatische Zahlungspflicht. Anhand des Grundsteuermessbetrags und dem jeweiligen Hebesatz der zuständigen Gemeinde oder Kommune, in der das Objekt liegt, wird später die tatsächliche Grundsteuer berechnet.
Bescheid über den Grundsteueräquivalenzbetrag
Auch der Grundsteueräquivalenzbetrag ist ein mathematisches Produkt – in diesem Fall handelt es sich um die Multiplikation einer fixen Äquivalenzzahl mit der Wohn- oder Nutzfläche, die Eigentümer:innen in der Grundsteuererklärung angegeben haben. Bei der Äquivalenzzahl wird zwischen bebauten und unbebauten Flächen unterschieden. So werden bei unbebauten Grundstücken die Fläche des Grundstücks in Quadratmetern mit 0,04 Euro multipliziert und bei bebauten Grundstücken die Wohn- und Nutzfläche in Quadratmetern mit 0,50 Euro. Dies dient zur Bestimmung, in welchem Verhältnis jeweils Grundstücksflächen als auch Gebäudeflächen belastet werden. Auch der Äquivalenzbetrag wird zusammen mit dem Hebesatz genutzt, um die eigentliche Grundsteuer zu berechnen.
Grundsteuerbescheid mit Zahlungsaufforderung
Bei dem Grundsteuerbescheid mit Zahlungsaufforderung handelt es sich um das Schreiben vom Finanzamt, bei dem der tatsächlich fällige Grundsteuerbetrag für eine Immobilie mitgeteilt wird. Damit zeigt dieser Bescheid auf, welche finanzielle Belastung zu erwarten ist und verschafft Immobilienbesitzer:innen Planungssicherheit hinsichtlich ihrer Fixkosten für die Immobilie.
Überprüfen der Grundsteuerbescheide
Gleichgültig, welcher Bescheid einer Immobilie Ihnen vorliegt – es ist ratsam und essenziell, immer alle enthaltenen Angaben sorgfältig zu kontrollieren. Schließlich sind es diese Angaben, die als Grundlage für die Grundsteuer angewendet werden und damit auch die Höhe beeinflussen. Ebenso sollte die Übereinstimmung der Angaben zwischen den einzelnen Bescheiden überprüft werden, also ob etwa der Grundsteuerwert aus dem ersten Bescheid auch mit dem im nächsten Bescheid übereinstimmt.
Das Amtsdeutsch in den Bescheiden ist nicht immer verständlich und kann zu Unsicherheiten führen, weswegen die Inanspruchnahme einer Beratung durch einen/eine Steuerberater:in, aber auch durch Eigentümerverbände wie beispielsweise Haus & Grund der richtige Schritt sein kann. Diese Fachpersonen verfügen nicht nur über das notwendige Wissen, um Fehler zu identifizieren, sondern auch über solche Erfahrung, um Optimierungspotenzial zu finden.
Welche Punkte können bei der Grundsteuerberechnung überprüft werden?
Folgende Punkte können Sie wie eine Art Checkliste nutzen, um deren Angaben in den Bescheiden genau zu überprüfen und damit sicherzustellen, dass die Angaben korrekt sind:
- die Art des Grundstücks (beispielsweise, ob es sich um ein Wohn- oder ein Gewerbeobjekt handelt, oder um land- und forstwirtschaftliche Grundstücke etc.)
- den Einheitswert des Grundstücks (hierzu sollte ein Einheitswertbescheid vorliegen, da diese Kennzahl vom Finanzamt festgelegt wird, andernfalls kann beim zuständigen Finanzamt nachgefragt werden)
- der Steuermessbetrag
- den festgelegten Hebesatz der Stadt oder Gemeinde (die Hebesätze der einzelnen Städte und Gemeinden sind entweder im Internet veröffentlicht und nachlesbar oder lassen sich direkt bei der Gemeinde- oder Stadtverwaltung erfragen)
- die angegebene Wohn- und Nutzfläche (sofern diese Berechnung nicht vom/von der Eigentümer:in durchgeführt wurde, lohnt es sich auch, diese Angabe nochmals zu ermitteln und abzugleichen)
Wann ist ein Einspruch sinnvoll?
Ein Einspruch gegen einen der Bescheide ist dann sinnvoll, wenn der Grundsteuerwert, der Grundsteuermessbetrag oder das Produkt aus diesen beiden Zahlen falsch sind. Doch dies ist nicht der einzige Grund.
Steuerrechtler:innen sowie Vertreter:innen von Eigentümerverbänden haben bereits früh solchen Eigentümer:innen zum Einspruch gegen den Grundsteuerbescheid geraten, deren Immobilien in einem Bundesland liegen, in dem das Bundesmodell zur Grundsteuerberechnung herangezogen wurde. Als Begründung wird angeführt, dass das Bundesmodell verfassungswidrig sei. Hierzu liegt u.a. ein Rechtsgutachten vom Steuerrechtler Prof. Dr. Gregor Kirchhof vor, das die Verfassungsmäßigkeit anzweifelt. U.a. orientiert sich die Bewertung laut des Rechtsgutachtens zu stark an der Einkommensteuer und zusätzlich seien die Bodenrichtwerte nicht vergleichbar.
Insgesamt bemängeln nicht nur Steuerrechtler, Eigentümerverbände, sondern auch der Bund der Steuerzahler (BdSt) die Intransparenz und die Ungerechtigkeit des Bundesmodells und plädieren zugleich für das wesentlich einfacher anwendbare Modell, wie in Hamburg, Niedersachsen, Hessen oder Bayern. Die aktuellen Klagen in der Rechtsangelegenheit Grundsteuer Bundesmodell zählt der Bund der Steuerzahler auf einer entsprechenden Informationsseite auf.
Fazit
Die Überprüfung der verschiedenen Grundsteuerbescheide ist immer ratsam, da sich auch bei maschinell erstellten Schreiben von Finanzämtern der Fehlerteufel einschleichen kann. Letztlich sind es auch nur Menschen, die hier die Daten übertragen.
Es bleibt abzuwarten, ob und wie die Musterklagen gegen die Grundsteuer nach Bundesmodell weiter verlaufen. Zumindest sollten die Grundsteuerbescheide, die in diesen Bundesländern versandt wurden, unter Vorbehalt betrachtet werden. In jedem Fall ist das Kapitel Grundsteuer weiterhin nicht abgeschlossen.